Samstag, 2. November 2013

Gesichter

Wenn Kunden zu mir kommen schaue ich als erstes in ihr Gesicht - es verrät mir den seelischen Zustand eines Menschen sofort.

Da gibt es viele Ausdrücke, die ein Gesicht verrät: Trauer, Hoffnungslosigkeit, Schmerz, Enttäuschung, Wut, Hass, Zorn, ... Aber auch das lachende Gesicht, das mit Abstand das schlimmste ist.

Menschen, die ihren Kummer ausdrücken können kann ich schneller und leichter helfen.
Aber die lachenden sind die problematischten. Sie unterdrücken und überspielen ihren Schmerz.
Meistens sind das die beliebten Leute in einer Firma oder in der Schule, aber sie tragen meist den größten Schmerz in sich. Niemand ahnt was, niemand weiß was. Sie scheinen einfach perfekt zu sein.

Einer meiner Kunden war so. Das ganze spielte sich innerhalb von einem Jahr ab. Er kam zu mir mit einem breiten grinsen im Gesicht. Dieser Mensch hatte nichts Gutes in seinem Leben erfahren. Ich spreche nicht nur von Trennung oder Jobverlust, nein auch der Tod begleitete seinen Weg.
Zuerst starb die Mutter, dann der Vater. Doch dann kam das Schlimmste: „Die Diagnose Krebs“! Nicht bei Ihm, nein bei seiner Tochter. Sie war gerade mal 9 Jahre alt - ein Gehirntumor wurde diagnostiziert.
Seine Tochter hatte große Schmerzen. Die Ärzte operierten zwei mal, doch nach jeder Operation kam der Tumor rascher und größer zurück.


Vor der dritten OP sagte die Tochter zu Ihren Eltern: “Bitte seit nicht traurig, aber diesmal wache ich nicht auf und ich komme auch nicht mehr zurück ,ich werde ein Engel und passe dann auf euch auf!“
Und die Tochter meinte auch noch:“Ihr müsst auf meinen kleinen Bruder achten er braucht euch zwei, ich brauche euch jetzt nicht mehr.“ Und sie lachte dabei als sie das sagte! Sie war froh das ihre Schmerzen bald ein Ende haben werden.

Die Ärzte schoben sie in den Operationsaal. Nach einer halben Stunde kam ein Arzt aus dem OP und teilte den Eltern den Tod ihrer Tochter mit. Der Arzt meinte, ihr Herz hat einfach aufgehört zu schlagen, sie konnten nichts mehr für sie tun.
Und in diesem Augenblick fing der Schmerz für die Angehörigen an, alle weinten und waren voller Trauer. Nur der Vater konnte nicht weinen. Der Verlust seiner Tochter war derart schmerzvoll für ihn, das er begann das Ganze zu überspielen. Er spielte den starken für seine Frau, für seinen Sohn und für die Schwiegereltern.
Und vergaß dabei völlig auf sich selbst.

Ich arbeitete mit diesem Vater sehr oft und sehr viel. Inzwischen hat er wieder eine Arbeit und auch eine Freundin.

Den Tod des eigenen Kindes wird man weder vergessen noch verkraften können. Das einzige was wir tun können ist: “Damit Leben und damit Umgehen zu lernen!“




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